Ökologisch Bauen - Was ist eigentlich ökologisch?

Interview mit Dipl.-Ing. Dieter Leukefeld,
Leiter des VPB-Regionalbüros Nienburg

Ökologie und Nachhaltigkeit - Was bedeutet eigentlich ökologisch bauen?

Antwort:
Der Markt ist riesig und für Laien undurchsichtig. Deshalb geht es nicht ohne die Beratung versierter Fachleute. Es gibt leider keine Standardkriterien: das ist gut und das ist schlecht. Ein Naturwollteppich mag besonders ökologisch sein, aber wenn er mit lösungshaltigem Kleber verlegt wird oder mit einem Flamm- oder Mottenschutzmittel behandelt ist, dann ist der ökologische Wert plötzlich höchst fragwürdig. Der Bauherr muss in jedem Falle selbst viel recherchieren und sich vor allem kompetente Beratung holen. Erster Schritt: Zunächst einmal sollten Bauherren für sich selbst klären, was genau sie unter "ökologisch bauen" verstehen. Soll das ein Haus ganz aus Naturmaterialien sein oder soll es ausschließlich mit regenerativer Energie betrieben werden? Oder beides? Soll das Haus aus Holz sein – und wenn ja: Ist das Holz aus nachhaltigem Anbau oder kommt es von Übersee? Oder soll das Haus vor allem "gesund" sein, etwa weil die zukünftigen Bewohner unter Allergien und wohnraumbedingten Erkrankungen leiden? Und wenn ja, welche Baumaterialien sind dann für die Familie geeignet und welche nicht? Auch hier ist besondere Vorsicht nötig, vor allem ärztliche Abklärung von Allergien und wohnraumbedingten Erkrankungen im Vorfeld. Kurz zusammengefasst: Die Bauherrschaft muss zunächst erst einmal selbst für sich klären, was genau sie will – und wie viel Geld sie bereit ist, dafür auszugeben.

Antwort:
Schwierig, weil nur wenige sich darauf spezialisieren, also echte Experten sind. Der VPB berät Bauherren und Modernisierern bei der Suche nach Partnern. Übrigens: Beim Modernisieren sollte man das sprichwörtliche Pferd nicht von hinten aufzäumen: Statt sich erst auf Materialien oder Firmen zu kaprizieren, sollte die Modernisierung natürlich mit einem Modernisierungskonzept beginnen, das die wichtigsten Fragen beantwortet: Was muss eigentlich gemacht werden und wie? Erst danach kommen Material- und Firmenwahl.

Vorsicht ist allerdings bei Bauträgern geboten, die solche Aufgaben anbieten oder übernehmen, zum Beispiel Passivhaushersteller. Dabei kommt es neben der Beratung auch auf Referenzen an: Nach Referenzen sollten angehende Bauherren immer fragen!

Antwort:

Auf diesem Sektor sind Erfahrung und Seriosität besonders wichtig. Und die lassen sich nur über Referenzen prüfen und über die Bereitschaft der Firmen, lückenlos alle Fachfragen zu beantworten – und zwar vor Vertragsabschluss - was beispielsweise die Inhaltsstoffe der verarbeiteten Materialien angeht. Aber auch hier gilt: Beratung ist das A und O, denn die richtigen Fragen kann nur stellen, wer weiß, wonach er fragen muss. Außerdem ist auch hier wieder der Einsatz vom Bauherrn gefragt: Er muss Referenzen, die er genannt bekommt, auch tatsächlich abfragen.

Darüber hinaus empfiehlt sich natürlich die baubegleitende Qualitätssicherung durch einen externen Berater. Denn selbst wenn die Referenzen gut sind, kann bei der Bauausführung allerlei schief gehen. Der unabhängige Sachverständige, der den Bau betreut, entdeckt das schnell.

Antwort:
Nein, wirklich brauchbare Hinweise zum ökologischen Bauen finden Sie dort nicht. Das liegt, siehe oben, an der Komplexität der Materie – und daran, dass ökologisch bauen eben viel eigenes Engagement der Bauherrschaft verlangt und in der Regel auch teurer ist als konventionelles Bauen. Bauher-ren heute sind aber selten bereit, mehr Geld als nötig zu investieren. Und vielen ist es ganz recht, den mühseligen Bauprozess an Schlüsselfertiganbieter zu delegieren. Übrigens sind die Bewertungen auf den Portalen ja immer sehr pauschal und knapp. Wirklich rauslesen kann man daraus allenfalls eine Tendenz.

Grundsätzlich gilt: Bauherren, die sich bewusst für einen nachhaltigen Bau entscheiden, sollten sich fragen, ob sie sich bei diesem sensiblen Thema tatsächlich einem Bauträger anvertrauen möchten oder doch besser mit einem eigenen Fachmann planen und bauen. Denn nur so können sie sicher sein, dass ihre Wünsche und Bedürfnisse auch "nachhaltig" berücksichtigt werden. Auch hier hilft der VPB bei der Beratung.

Antwort:
Zertifizierungen und Siegel gibt es, und es werden immer mehr. Der VPB hat die aktuellen Siegel schon vor einiger Zeit in seinem Ratgeber "Qualitätssiegel beim Bauen" zusammengestellt. Dabei ist immer die Frage, was und wer steckt dahinter und welchen Nutzen hat es. Nicht verwechseln sollte man Siegel mit Zertifizierungen. Das sind immer spezielle Systeme mit eigenen Kriterien. Solche Zertifizierungen kosten auch Geld. Dabei stellt sich immer der Frage, wie sinnvoll sie für wen sind. Gerade Bauherren von Einfamilienhäusern brauchen eher individuelle Beratung als irgendein Zertifikat.

Es liegt doch auf der Hand: Nicht alles, was als ökologisch definiert ist, ist auch tatsächlich nachhaltig. Und was nutzt einem ein Holzinnenausbau, wenn ein Familienmitglied auf Holz allergisch reagiert? Also auch hier: Erst klären, was man wirklich braucht, dann das Passende suchen. Wirklich hilfreich ist vor allem die Volldeklaration. Firmen, die bei ihren Produkten alle Inhaltsstoffe lückenlos offenlegen, ermöglichen es dem Verbraucher, sich genau zu informieren, was er da kauft und in seinem Haus verarbeiten lässt. Aber auch hier: Der ökologisch beste Teppich wird fragwürdig, wenn er mit lösungsmittelhaltigen Klebern verlegt wird.

Antwort:
Zunächst hilft der VPB bei der Abklärung der oben aufgeworfenen Fragen und dabei, was ökologisch ist und was nicht. Wenn es konkret wird, berät der VPB bei der Auswahl der Partner am Bau und prüft vor allem die Bauvertragsunterlagen mit allen technischen Details, denn nur was im Vertrag steht, das zählt später auch. Eine Firma kann also vollmundig im Werbeprospekt ein Öko-Haus versprechen, baut aber hinterher dann doch ein ganz konventionelles Haus. Das passiert, wenn der Bauherr den Vertrag nicht gründlich prüfen lässt, sondern arglos unterschreibt. Außerdem hilft der VPB bei der laufenden Bau- und Qualitätskontrolle, damit das, was im Vertrag vereinbart wurde, später auch tatsächlich so gebaut und eingebaut wird. Auch hier steckt der Teufel im Detail: Selbst wenn alles korrekt geplant und der Vertrag geprüft ist, dann kann auf der Baustelle noch einiges schiefgehen, wenn etwa der Azubi aus Versehen den falschen Kleber oder die falsch Farbe nimmt. Was übrigens kaum passieren kann, wenn der Betrieb grundsätzlich mit entsprechenden Materialien arbeitet. Das ist aber nach wie vor die Ausnahme.

Fazit: Ein echtes ökologisches, gesundes und nachhaltiges Haus gibt es (noch) nicht von der Stange. Es muss sorgfältig und individuelle geplant und gebaut werden. Die Bauherrschaft hat damit in jedem Fall Mühe und braucht gute fachliche Beratung und eine laufende Qualitätskontrolle.

Ergänzende Informationen finden Sie u.U. hier:
Bauvertrag - Bauberater - Bausachverständiger - Verbraucherverband - Baufachleute